Grundstückserwerb in der Zwangsversteigerung

von | Mrz 30, 2022 | Bankrecht

Zwangsversteigerungen stellen eine interessante Möglichkeit zum Erwerb eines Grundstücks dar. Anders als beim Grundstückskauf vom Eigentümer lassen sich die Details des Erwerbs nicht vertraglich regeln. Außerdem ist bei einer Zwangsversteigerung kein Notar an der Abwicklung des Geschäfts beteiligt, um auf rechtliche Risiken hinzuweisen. Sie sollten sich daher vor dem Versteigerungstermin genau über den Ablauf informieren und einige rechtliche Besonderheiten berücksichtigen. Besonderes Augenmerk ist auf die Situation zu richten, in der die Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben. Hier erfahren Sie, was Sie als Erwerber zu beachten haben.

Ausgangssituation: Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) bleiben als Teil des geringsten Gebotes bestehen

Häufig sind Grundstücke, die zur Zwangsversteigerung kommen, noch mit Grundpfandrechten belastet. Mit dem Erlös aus der Versteigerung werden i.d.R. die Ansprüche der Grundschuldgläubiger (meist handelt es sich um die finanzierenden Banken) abgegolten und die Grundschulden gelöscht. Ein eventueller Übererlös wird an den (früheren) Grundstückseigentümer ausgezahlt. Es kommt allerdings vor, dass Grundpfandrechte als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben. Das Grundstück, das Sie in der Zwangsversteigerung (Teilungsversteigerung) erwerben, ist dann weiterhin mit den Grundpfandrechten belastet. Das wirft eine Reihe von Fragen auf:

Muss ich den Nominalwert des Grundpfandrechts zum Gebotspreis hinzurechnen, um den wahren Erwerbspreis zu ermitteln?

Sofern in der Ankündigung der Zwangsversteigerung angegeben ist, dass Grundpfandrechte als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie die Grundpfandrechte früher oder später ablösen und dafür den Nominalwert des Grundpfandrechts an den Grundschuldgläubiger zahlen müssen. Bei der Berechnung Ihres Gebots sollten Sie daher den Wert der stehen gebliebenen Grundpfandrechte unbedingt berücksichtigen. Sofern Sie sich ein festes Budget für den Erwerb in der Zwangsversteigerung gesetzt haben, bieten Sie nicht mehr, als Ihnen zur Verfügung steht, wenn Sie den Nominalwert der stehen bleibenden Grundpfandrechte von Ihrem Budget abziehen. Die Ablösung der stehen gebliebenen Grundpfandrechte wird in jedem Fall nötig sein, wenn Sie beabsichtigen, den Grundstückserwerb über eine Bank zu finanzieren. Dies deshalb, da das Grundbuch zur Finanzierung des Grundstückskaufs oder zur Baufinanzierung lastenfrei sein muss. Ihre Bank wird das Finanzierungsdarlehen im Grundbuch absichern wollen und wird sich nur mit dem ersten Rang zufrieden geben.

Die Grundpfandrechte wurden zur Sicherung von Darlehen eingetragen, die bereits getilgt sind. Muss ich den Nominalwert der Grundpfandrechte dennoch an den Grundschuldgläubiger zahlen?

Ja, das ist leider der Fall. Anders als häufig angenommen, verlieren die Grundpfandrechte mit der Tilgung der besicherten Schuld nicht ihren Wert. Vielmehr bleiben die Grundpfandrechte nach Tilgung des besicherten Darlehens in Form von sog. Eigentümergrundschulden bestehen. Dies bedeutet, dass an den Grundschuldgläubiger (in dem Fall der Eigentümer) eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist.

Bei der Veräußerung des Grundstücks gehen die Eigentümergrundschulden nicht ohne besondere Abrede auf den Erwerber über. Sie verbleiben hingegen als Fremdgrundschulden bei dem Veräußerer. Nach der Veräußerung (bzw. nach dem Zuschlag in der Versteigerung) stehen die (vormaligen) Eigentümergrundschulden dem vorherigen Eigentümer als Fremdgrundschulden zu. Dieser kann nun nach § 1191 BGB fordern, dass ihm der Nominalbetrag der Grundschulden zuzüglich der Zinsen aus dem Grundstück vom Zeitpunkt des Zuschlags an bezahlt wird. Er erhält damit an dem Grundstück ein Verwertungsrecht, das er im Wege der Zwangsversteigerung durchsetzen kann.

Ist nur der Nominalwert der Grundschulden abzulösen oder kann der Gläubiger der Grundpfandrechte auch die Zinsen verlangen?

Grundsätzlich kann der Grundschuldgläubiger auch die Zinsen auf die Grundschulden verlangen. Die Zinsen stehen dem Gläubiger vom Zeitpunkt des Zuschlags an zu (BGH, V ZR 240/ 74; LG München, Urteil vom 23.08.2019 – 11 O 6313/11). Für Grundschulden zugunsten der Banken werden häufig sehr hohe Zinssätze vereinbart. Bei älteren Grundpfandrechten beträgt der Zinssatz meist über 10 % p.a. Es ist daher also wichtig, die Grundpfandrechte möglichst bald nach dem Erwerb des Grundstücks abzulösen.

Unsere Handlungsempfehlungen für Sie

Wenn Sie ein Grundstück im Wege einer Zwangsversteigerung erwerben möchten, sollten Sie folgendes beachten:

  • Überprüfen Sie, ob das Grundstück mit Grundpfandrechten (Hypotheken/Grundschulden) in Abteilung III des Grundbuchs belastet ist.
  • Erkundigen Sie sich bei dem/der Rechtspfleger/in, ob ggf. eingetragene Grundpfandrechte als Teil des geringsten Gebots in der Zwangsversteigerung bestehen bleiben. Dies wird manchmal (aber nicht immer) in der Ankündigung der Zwangsversteigerung mit angegeben.
  • In der Regel dienen die Grundpfandrechte der Besicherung von Darlehen. Erkundigen Sie sich bei den Gläubigern der Grundpfandrechte, ob die Rückzahlung des besicherten Darlehens bereits vollständig erfolgt ist bzw. in welcher Höhe die Darlehen noch valutieren.
  • Im Falle einer Eigentümergrundschuld erkundigen Sie sich bei dem Eigentümer, ob ihm die Hypotheken-/Grundschuldbriefe und ggf. die Löschungsbewilligungen der im Grundbuch eingetragenen Gläubiger der Grundpfandrechte vorliegen. Nach dem Erwerb in der Zwangsversteigerung kann dann die Löschung im Grundbuch ohne Aufschub betrieben werden.
  • Um teure Fehler zu vermeiden, lassen Sie sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten.

Anwaltliche Beratung

Sofern Sie für Ihren Grundstückserwerb anwaltliche Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen gern mit unserer Erfahrung und fachlichen Expertise zur Verfügung. Eine anwaltliche Erstberatung durch uns ist für Sie kostenfrei. Zur Kontaktaufnahme können Sie den nebenstehenden Dokumente-Upload oder unser Kontaktformular nutzen. Selbstverständlich können Sie auch per E-Mail, Fax, Telefon oder Post Kontakt zu uns aufnehmen.

 

 

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