Das Landgericht Berlin (LG Berlin) hat mit seinem Urteil vom 20.09.2023 (Az.: 10 O 193/22) die Deutsche Kreditbank AG (nachfolgend „DKB“) verpflichtet, ihrem Kunden die ihm Rahmen eines Online Banking Betruges unrechtmäßig abgebuchten Beträge nebst Rechtsverfolgungskosten (Anwaltskosten) zu erstatten.
Sachverhalt zum Fall
Das LG Berlin hatte sich im Wesentlichen mit der Frage zu beschäftigen, ob der Kunde (= Kläger des Rechtsstreits) der DKB (= Beklagte des Rechtsstreits) die erfolgten Zahlungen von seinem Girokonto mit dem sog. 3D-Secure-Verfahren autorisiert hatte.
Im Einzelnen ging es vor dem Landgericht um den folgenden Sachverhalt.
Girokonto bei der DKB und unberechtigte Zahlungen durch unbekannte Täter
Der Kunde/Kläger führte bei der DKB/Beklagten ein Privatgirokonto. Zu dem Konto gehörte eine Debitkarte.
Der Kläger stellte zwei Abbuchungen in Höhe von insgesamt rund 6.200,– EUR von seinem Girokonto fest, die nicht von ihm autorisiert worden waren. Die Zahlungen waren als „Kartenzahlungen“ deklariert. Als Empfänger wurden zum einen „crypto.com“ und zum anderen „CRO“ genannt.
Reaktion des Kunden: Strafanzeige und Aufforderung der DKB zur Erstattung
Der Bankkunde konnte sich die Zahlungen nicht erklären, da sie von ihm nicht veranlasst worden waren. Als Opfer eines Online Banking Betruges erstattete der Kunde unverzüglich Anzeige bei der Polizei.
Zudem forderte er die DKB zur Erstattung der unrechtmäßig abgebuchten Beträge auf. Er wies die DKB darauf hin, dass diese die Abbuchungen ohne seine Autorisierung durchgeführt hatte und ihm daher ein Erstattungsanspruch nach § 675 u BGB zustehe.
Die DKB kam der Aufforderung des Bankkunden auch unter Einschaltung anwaltlicher Hilfe nicht nach.
Ablehnung der Erstattung durch die DKB
Nach Ansicht der Bank habe der Bankkunde keinen Anspruch auf Erstattung nach § 675 u BGB. Vielmehr spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Zahlungen vom Kunden mit Hilfe des 3D-Secure-Verfahrens autorisiert worden seien.
Schließlich führt die DKB an, dass ihr im Falle eines Erstattungsanspruches des Kunden ein Schadensersatzanspruch (Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675 c Abs. 1, 675, 670 BGB) gegen diesen zustünde. Sollte dem Bankkunden nach § 675 u BGB ein Anspruch auf Erstattung der erfolgten Zahlungen zustehen, könne sie mit ihrem Schadensersatzanspruch dagegen aufrechnen.
Urteil des LG Berlin: Kläger erhält Recht
Da die DKB nicht bereit war, die nicht autorisierten Zahlungen zu erstatten, reichte der Bankkunde beim LG Berlin Klage ein.
Diese Klage hatte Erfolg. Das LG Berlin gab dem Kläger vollumfänglich Recht.
Vollständige Erstattung angeordnet
Das LG Berlin verurteilte die DKB zur Gutschrift der zu Unrecht abgebuchten Zahlungen. Ferner verpflichtete das Gericht die Bank, dem Kläger die Anwaltskosten zu erstatten. Nach Ansicht des Gerichts steht dem Kläger ein Erstattungsanspruch nach § 675 u BGB gegen die Bank zu. Danach ist der Zahlungsdienstleister (= Bank) im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorganges verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.
Authentifizierungsverfahren und Freigabe von Zahlungen
Ein Zahlungsvorgang ist dann autorisiert, wenn der Zahler der Zahlung zugestimmt hat. Auf welche Weise diese Zustimmung erklärt werden kann, ist zwischen Bankkunden und Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. So kann zwischen Kunde und Bank eine Vereinbarung über den Einsatz eines Zahlungsinstrumentes (= Zahlungsauthentifizierungsinstruments) getroffen werden. Als Zahlungsinstrumente kommen unterschiedliche Authentifizierungsverfahren zur Freigabe von Zahlungen in Betracht wie z. B. die Eingabe von PIN (persönliche Identifikationsnummer) und TAN (Transaktionsnummer) beim Online Banking oder die Nennung eines Kennwortes beim Telefonbanking.
Im vorliegenden Fall sollte nach Angaben der DKB das sog. 3D-Secure-Verfahren zur Autorisierung der Zahlungsvorgänge genutzt worden sein. Dieses Authentifizierungsverfahren kommt bei Online Zahlungen mit Kreditkarten oder Debitkarten zum Einsatz und soll die Sicherheit erhöhen. Bei diesem Verfahren ist eine zweimalige Authentifizierung erforderlich, indem z. B. sowohl eine PIN als auch eine TAN zur Autorisierung einer Zahlung einzugeben sind. Wie genau das Sicherheitsverfahren abläuft, ist von Bank zu Bank unterschiedlich.
Fehlende Vereinbarung über das Authentifizierungsverfahren
Damit das 3D-Secure-Verfahren für die Autorisierung im Online Banking zur Anwendung kommen kann, muss es zwischen Zahlungsdienstleister und Kunden ausdrücklich vereinbart worden sein. Die Art und Weise einer solchen Vereinbarung ist unterschiedlich.
In dem vom LG Berlin zu entscheidenden Fall war zwischen Bank und Bankkunden streitig, ob das Authentifizierungsverfahren vereinbart wurde. Der Kläger war der Auffassung, dass eine solche Vereinbarung nicht vorliegt. Die Bank hingegen berief sich darauf, dass das Verfahren vereinbart wurde und so auch vom Kontoinhaber genutzt worden sei.
Ob das Verfahren zwischen den Parteien vereinbart worden ist, ist von der Beklagten – also von der Bank – zu beweisen. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bank dieser Beweis nicht gelungen ist. Da der Kläger den Zugang des Freischaltcodes bestreitet, hätte die DKB den Zugang des Freischaltcodes beim Kunden beweisen müssen. Das Gericht führt aus, dass aus der tatsächlichen Nutzung des Freischaltcodes nicht automatisch die Nutzung durch den Kontoinhaber gefolgert werden kann. Dies deshalb, da nicht auszuschließen ist, dass der Code durch einen Online Banking Betrug von einer Dritten Person abgefangen oder umgeleitet wurde.
Damit steht dem Kunden ein Erstattungsanspruch gegen die DKB zu. Die Bank ist verpflichtet, das Konto der Bankkunden wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den Zahlungsvorgang befunden hätte.
Das Gericht sieht keine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Kunden
In den Fällen eines Online Banking Betrug kommt es für die Frage einer tatsächlichen Erstattung durch die Bank entscheidend auf das Verhalten des Kunden an. Die Bank wird nämlich stets versuchen, ein Mitverschulden des Kunden auszumachen, um so einen Schadensersatzanspruch gegen den Kontoinhaber geltend machen zu können.
Mit einem solchen Schadensersatzanspruch kann die Bank dann gegen den entstandenen Erstattungsanspruch des Bankkunden aufrechnen. Die Folge ist, dass es für den Kunden zu keiner Erstattung kommt. Er bleibt dann auf seinem Schaden sitzen.
Ein Schadensersatzanspruch nach § 675 v BGB steht der Bank zu, wenn der Bankkunde den Schaden, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung herbeigeführt hat. Eine grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem besonders groben Maße missachtet wurde.
Das LG Berlin hat im zu entscheidenden Rechtsstreit keine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Kontoinhabers bei der Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments gesehen. Eine Haftung des Kunden scheidet daher aus. Die DKB kann eine Erstattung nicht im Wege der Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch abwenden.
Darüber hinaus ist die DKB verpflichtet, die entstandenen Anwaltskosten zu tragen.
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